Mit universellen Gesetzmäßigkeiten Lebensräume gestalten
Manche Orte scheinen wie geschaffen, dass Leben sich ansiedelt und Lebendigkeit sich verbreitet. Andere wieder fordern auf, den Ort zu verlassen. Warum ist das so? Es gibt viele Gründe, die einen Unterschied machen. Ein Muster zeigt sich immer wieder: die Anwendung oder das Fehlen universeller Prinzipien. In diesem Blog möchte ich anhand alten Wissens und neuer Erkenntnisse zeigen, was universelle Prinzipien sind, wie sie wirken und warum wir sie berücksichtigen sollen – in der Gestaltung unseres Lebens wie auch in der Planung unserer Lebensräume.
Die Geisteswissenschaften nennen sie Protologie (von griechisch pr?ton „das Erste“ und -logie „Lehre“), die Lehre vom Anfang. Es ist das Bemühen, den ursprungslosen Ursprung zu finden und durch ein universelles Prinzip, eine erste Ursache, zu erklären. Diesem Bemühen folgt das bis auf Platon zurückgehende Konzept der Urprinzipien. Auch die Tabula Smaragdina, ein Grundlagentext des Corpus Hermeticum, lässt sich dort einreihen.
Analogie als Methode
Die Urprinzipien des Lebens, die alles durchdringen, werden im rationalen Bereich der Wissenschaft als selbstverständliche Werkzeuge benutzt. Besonders interessant ist aber das Feld des Unbewussten. Denn dieses Feld zwischen Verstand und Geist kann nur über das Mittel der Analogie erforscht, in Erkenntnisse gefasst und in die Materialisierung umsetzt werden.
Senkrechtes Denken
Das Sehen der Welt wird zum Betrachten der Welt. Diese Denkweise wird auch als das „senkrechte Denken“ bezeichnet, es folgt dem Gesetz der Analogie. Mit Analogie ist ein nicht-kausaler Zusammenhang gemeint. Einer der nicht dem Prinzip von Ursache und Wirkung folgt, sondern der eine wenn-dann-Beziehung darstellt, die C. G. Jung als Synchronizität bezeichnete.
Waagrechtes Denken
Das naturwissenschaftliche Denken ist linear-kausal, das heißt, es bewegt sich innerhalb definierter Ebenen von Ursache und Wirkung. Es wird auch „waagrechtes Denken“ genannt. Damit kein Missverständnis entsteht – das Prinzip von Ursache und Wirkung ist auch ein Urprinzip, aber eben nur eines von mehreren.
Ganzheitliches Denken
Zu schön klingt die Vorstellung eines ganzheitlichen, integralen, holistischen Denkens, Fühlens und Handelns. Waagrecht und senkrecht gleichzeitig! Ist das kompliziert oder vielleicht sogar einfach? Mögklicherweise können uns zwölf universelle Prinzipien dabei behilflich sein. Oder sogar eine maßgebliche Grundlage für ein gutes Leben in guten Lebensräumen.
Ehrfahrungssplitter
Ich möchte einige Aspekte von zwölf universelle Prinzipien in Bezug auf Lebensraumgestaltung anführen. Es gibt noch viele mehr, die es Wert sind , diskutiert zu werden. Und noch mehr in Bezug auf unsere Lebensführung, auf die ich hier nicht eingehen kann – aber auch mit gedacht werden müssen, wenn wir Lebensräume planen und gestalten.
1. Prinzip des Geistes, der Einheit
Alles ist Geist, alles Stoffliche entwickelt sich aus dem Geistigen. Allen sichtbaren Geschehnissen ging ein geistiges Geschehnis voraus. Geschöpftes ist eine substantielle Realität und ein Spiegelbild des Geistigen. Alle Schöpfungen, die jemals erdacht worden sind und die noch nicht erdacht worden sind existieren als Idee, als Möglichkeit in diesem Feld des Potenzials. Ein Prinzip der Einheit.
Dem Bauwerk geht immer eine Planung voraus, der Planung ein Gedanke. Architektur und Gestaltung spiegelt aber nicht nur die Erbauer, sondern immer auch die Gesellschaft. Das kollektive Unbewusste ist vielleicht sogar der wichtigste Planer. Veränderungen sind nur durch Beschäftigung mit persönlichen und kollektiven unbewussten Mechanismen möglich.
2. Prinzip der Analogie, der Entsprechung
Wie oben – so unten, wie innen – so außen, wie im Großen – so im Kleinen, wie im Himmel (Geist) – so auch auf Erden (Materie). Durch die Beobachtung des einen Systems lassen sich die Gesetzmäßigkeiten eines anderen ableiten. Auf diese Weise können wir verborgene Zusammenhänge entdecken und vom Bekannten auf das Unbekannte schließen.
Zwischen den Welten (z.B. Architektur und Organismen) gibt es Entsprechungen. So können Prinzipien und Baupläne der Natur auf die Technik (Bionik) oder die Architektur (z.B. Proportionen) übertragen werden. Damit bildet die Analogie eine Basis für Ästhetik und Atmosphärenbildung.
3. Prinzip der Schwingung, der Bewegung
Nichts ruht. Alles schwingt. Jedwede Energie und Materie sind Schwingungen unterschiedlicher Frequenz. Alles ist ständig in Bewegung. Bewegung drückt sich in unserem Alltag durch Veränderungen aus. Alles beeinflusst anderes – und wird beeinflusst. Die Gedanken und Gefühle beeinflussen die Schwingung, diese erschafft die Realität.
Architektur beeinflusst Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität – vor allem durch architekturpsychologische Wirkungen auf die Nutzer. Harmonische und disharmonische Schwingungen der Architektur gehen in Resonanz mit körpereigenen Schwingungen des Menschen und wirken stabilisierend oder destabilisierend.
4. Prinzip der Polarität, des Zweiheit
Alles besitzt Pole, ein Paar von Gegensätzen. Gegensätze sind ihrem Wesen nach identisch, nur im Grad ihres Ausdrucks verschieden. Aber Achtung, es gibt zwei Arten von Zweiheit: Polarität (sich ergänzend) und Dualität (sich ausschließend). Während Polarität verbindend und interagierend wirkt, erzeugt Dualität Konflikte, indem sie trennend und spaltend wirkt.
Wir gestalten oft einseitig, nennen es geradlinig oder puristisch. Doch das Polare ist immer mit dabei. Letztlich sollte es seinen Ausdruck finden, das Dunkle im Hellen, das Gekrümmte im Geraden. Denn es geht nicht um einen Gegensatz, sondern um das komplementäre Verhältnis. Und gelangt damit zu einer Einheit des Bunten und Bewegten.
5. Prinzip des Rhythmus, des Zyklus
Alles fließt. Alles hat seine Gezeiten. Rhythmus gleicht aus. Der Pendelausschlag nach rechts ist das Maß für den Ausschlag nach links. Das Gesetz des Rhythmus ist eng mit dem der Polarität verbunden: die regelmäßigen Bewegungen erfolgen zwischen zwei Polen – Phasen der Aktivität wechseln mit Phasen der Entspannung – und ergeben so gemeinsam Harmonie.
Das Prinzip der Wandlung zeigt, dass auf jede Entwicklung eine Gegenentwicklung folgt. Pendelbewegungen in Phasen von 35 bis 49 Jahren müssen berücksichtig werden. Geschieht dies nicht, werden die Schattenseiten bedrohlich. Feng Shui Methoden weisen auf das Fate 9 hin, das von 2024 bis 2043 dauert und von einer sehr starken Yang-Energie geprägt ist.
6. Prinzip von Ursache und Wirkung, der Kausalität
Jede Ursache hat ihre Wirkung. Jede Wirkung hat ihre Ursache. Alles geschieht gesetzmäßig. Zufall gibt es nicht, auch Begriffe wie Placebo brauchen eine neue Definition. Systemische und karmische Zusammenhänge sind zu berücksichtigen. Es gibt viele Ebenen von Kausalität und alle unterliegen diesem Gesetz.
Das Gesetz hat tiefgreifende Ausprägungen von bspw. Siedlungen und Stadtteilen und den Lebensgewohnheiten der dort lebenden Menschen. Auch der Zusammenhang umweltbedingter Belastungen und Gesundheit wird immer evidenter. Schließlich sind auch Themen wie Klima und Biodiversität nicht von Architektur zu trennen.
7. Prinzip des Geschlechts, der Schöpfung
Geschlecht ist in allem, alles hat sein männliches und sein weibliches Prinzip in sich. Dabei geht es um die archetypischen Eigenschaften von ‚männlich‘ und ‚weiblich‘, unabhängig vom biologischen Geschlecht, um Yin und Yang. Es ist eine spezielle Ausformung des Prinzips der Polarität und ist allem Geschöpften inhärent.
Die Lebendigkeit aller Baukultur baut auf der Spannung von männlichen zu weiblichen Formprinzipien auf. Diese bringt die Lebensenergie erst ins Fließen. Yin und Yang sorgen für Fruchtbarkeit, die Vernachlässigung eines Poles bewirkt Unfruchtbarkeit, lebensfeindliche Architektur und tote Lebensräume.
8. Prinzip der Resonanz, der Anziehung
Gleiches zieht Gleiches an und wird durch Gleiches verstärkt. Ungleiches stößt einander ab. Das Gesetz der Resonanz ist eine Folge des Gesetzes der Schwingung. Es beschreibt die Folgen der Übertragung von Energie, denn jede Schwingung überträgt die in ihr wirkende Energie auf jeden gleich schwingenden Körper.
Durch unsere individuelle Resonanzfähigkeit, durch die Schwingung unseres Bewusstseins, nimmt jeder von uns einen anderen Teil der Wirklichkeit wahr und lebt in seiner eigenen Welt. Das ist eine Erklärung für Erhalt kontra Abriss historischer Architektur. Wir kennen dieses Phänomen auch unter dem Begriff der ’selektiven Wahrnehmung‘.
9. Prinzip des Wachstums, der Anwendung
Alles was lebt, will wachsen. Umgekehrt gilt auch, alles was wachsen will, muss ins Tun kommen. Leben braucht Lebendigkeit. Es ist ein Gesetz des Handelns. Und ein Prinzip für Teilhabe und Beteiligung. Auch an sozialen und kommunalen Prozessen. Und es ist ein Gesetz über Größenordnungen, vor allem das menschliche Maß.
Architektur wächst von Phase zu Phase. Ist eine Wachstumsgrenze erreicht gibt, es einen Sprung in einen neuen Größencharakter. Das Wachstumsgesetz hilft zu erkennen, dass jeder Wachstumsbereich einen Endpunkt hat und dann in eine neue Qualitätskategorie überwechseln muss. Wir erkennen auch zyklische Qualitäten.
10. Prinzip des Ausgleichs, der Harmonie
Dieses Prinzip ist Teil des Prinzips von Ursache und Wirkung. Und es ist das Gesetz des Gebens und Nehmens, des Energieausgleichs. Und es ist ein Mechanismus des Lernens: die Erfahrung lehrt, wie sich das, was man ausgesandt hat, anfühlt. Damit wir die Folgen unseres Tuns erkennen und Mitgefühl entwickeln können.
Harmonie drückt sich in der Ästhetik aus: menschlicher Maßstab, Kunst, Heiterkeit, Farben, Schönheit. Wenn die Schönheit verloren geht, geht das Glück verloren. Es ist aber auch ein Gesetz der Selbstregulation: wo der Mensch die Harmonie verloren hat, sucht sich das Leben neue Wege. Das Leben gewinnt immer.
11. Prinzip der Trinität, der Relativität
Das Aktive und das Passive bringen durch Wechselwirkung das Neutrale hervor, das an beiden teilhaftig ist. Jegliches Phänomen offenbart immer und überall seinen dreifachen Ursprung. Das Prinzip verbindet die Prinzipien der Polarität und der Analogie.
Dieses Prinzip besagt, dass alles was uns umgibt oder was passiert, neutral ist. Wir geben einer Situation eine bestimmte Bewertung und setzen sie damit in Relation zu etwas oder jemand anderem. Erst durch die Bewertung gewinnt oder verliert die Situation, das Geschaffene. Bewertung einzuplanen vermindert das Werk.
12. Prinzip der Wechselwirkung, der Interaktion
Akteure und Systeme wirken ständig wechselseitig aufeinander ein, stehen in Interaktion und Austausch. Heute haben die verschiedenen Wissenschaften ihre spezifischen Definitionen. Kommunikation, Symmetrie und Sympathie sind weitere Begriffe des Prinzips.
Der Mensch wirkt auf den Ort, der Ort wirkt auf den Menschen. Die Wechselwirkung von Mensch und Ort bzw. Mensch und Bauwerk ist erst seit kurzer Zeit Gegenstand näherer Untersuchungen und findet ihren Ausdruck in der Architektur- und Wohnpsychologie.
Fazit
Wenn wir bewusst und unter Berücksichtigung dieser universellen Prinzipien bauen und gestalten, können sich Lebensräume in ganz neue Richtungen entwickeln. Natürlich kann ich mich rausnehmen, aber mit welchen Konsequenzen? Es ist von großer Tragweite, auch für unsere Mitwelt, wie wir Zusammenhänge erkennen und Realitäten manifestieren.
Über den Autor:
Mag. Wolfgang Strasser ist Lebensraumberater und -coach, Unternehmens- und Kommunalberater. Mit RAUMIMPULSE berät er Menschen bei der Gestaltung ihrer Lebensräume.
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