Umwelt-bezogener Gesundheits-schutz

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Umwelt, Gebäude und Gesundheit neu denken

Der umweltbezogene Gesundheitsschutz beschäftigt sich mit Gesundheitsbeeinträchtigungen und -ge­fähr­d­ungen der Bevölkerung, die mit Belastungen aus der Umwelt in Verbindung gebracht werden. Das beginnt beim Trinkwasserschutz und endet bei vielen Kommunen dort auch schon wieder. Anders als beim berufsbezogenen Gesundheitsschutz werden Umwelt und Gesundheit noch nicht durchgängig gemeinsam gedacht. Und wenn, dann wird meist nur die natürliche Umwelt behandelt und die gebaute bzw. technische Umwelt bleibt unbehandelt. Das gemeinsame Denken von Umwelt und Gesundheit ist ein zentraler Ansatz, ein ganzheitlicher Umweltbegriff eine notwendige Grundlage dafür. Ich gebe in diesem Blog einige Beispiele dafür.

Reine Luft, sauberes Wasser, lebendige Böden, eine intakte Natur – wir brauchen eine Umwelt, in der wir gesund leben und uns wohl fühlen können. Doch die Umwelt kann durch vom Menschen verursachte Umweltbelastungen gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen.

Umwelt aber nicht nur die Natur, sondern der gesamte Lebensraum, der uns ein Leben lang umgibt – in der Wohnung, auf dem Weg zum Einkaufen, bei der Arbeit oder in der Freizeit. Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen hängen in erheblichem Umfang von der Qualität dieser Umwelt ab. Unsere Umwelt verändert sich ständig, wie neue Chemikalien, 5G oder Mikroplastik zeigen.

In dem Moment, wo der Umweltbegriff auf die gebaute und die technische Umwelt erweitert wird, geht die Diskussion los. Aber diese ist notwendig, wenn wir die belastende Situation verbessern wollen.

Gebäudebezogene Gesundheitsstörungen sind Teil der umweltbezogenen Gesundheitsstörungen. Das Sick-Building-Syndrom (SBS), auch Building-related symptom (BRS) genannt, beschreibt beispielsweise Symptome und Krankheiten, welche nach längerem Aufenthalt in einem Gebäude auftreten.

Ziel des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes ist es, die Bevölkerung effektiv vor negativen gesundheitlichen Auswirkungen von Umwelteinflüssen zu schützen. Insofern sollte ein ganzheitlicher umweltbezogener Gesundheitsschutz unter Einbezug der natürlichen, baulichen und technischen Umwelt ein zentrales Handlungsfeld der Politik sein.

Chemische Umweltfaktoren

Was die Natur am meisten stresst, ist chemischer Natur. Aber nicht nur die natürliche Umwelt, wie Luft, Wasser, Böden sind davon betroffen, auch unsere gebaute Umwelt.

Umweltgifte

Umweltgifte sind gefährliche Substanzen, die durch menschliche Aktivitäten in unsere Umwelt gelangen und dort schwerwiegende Schäden verursachen können. Sie finden sich in Luft, Wasser und Boden und können die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen gleichermaßen beeinträchtigen.

Mit diesem Teil der Umweltbelastungen beschäftigt sich die Politik bereits intensiver. Für den Schutz der Atemluft, des Trinkwassers, der Bodenversiegelung, der Biodiversität und Artenvielfalt, für den sich viele NGO´s einsetzen, wird dennoch noch nicht genug getan.

Wohngifte

Einige Umweltgifte findet man dauerhaft in unseren Wohnungen und bezeichnet diese dann auch als Wohngifte. Darunter versteht man gasförmige (Formaldehyd), leicht- bis mittelflüchtige (Lösemittel) und schwerflüchtige (Pestizide, Metalle) Schadstoffe in Materialien sowie Stäube und Mikroplastik.

Während sich die Politik zunehmend mit den Umweltgiften auseinandersetzt, hängt das Thema Wohngifte noch sehr in der Luft. Ein Weg zur Verbesserung der Situation ist die verpflichtende Kennzeichnung der Inhaltsstoffe (Volldeklaration) für Bau- und Einrichtungsmaterialien. Dies ist angesichts von über 4.000 Chemikalien nicht minder wichtig wie für Lebensmittel!

Neben der direkten toxischen Wirkung auf den Menschen haben viele Chemikalien die Eigenschaft, sich in der Nahrungskette anzusammeln. Besonders belastend ist es, wenn ein Mensch an multipler Chemikaliensensibilität (MCS) leidet, die sich u.a. in Allergien und Unverträglichkeiten äußert.

Dazu empfehle ich zwei Blogs, Wohngifte, Raumklima, die näher auf das Thema eingehen.

Biogene Umweltfaktoren

Zu den biologischen Faktoren, die aus der Umwelt auf den Menschen wirken, gehören vor allem Viren, Bakterien, Pilze und Protozoen, aber auch Bestandteile von Pflanzen. Dabei treten sensibilisierende, allergische oder toxische Effekte auf oder Infektionen (akut/chronisch) werden ausgelöst.

Im Haus sind es Hausfäule- und Bauholzpilze, wie der Schimmelpilz, die uns Probleme machen können. Pilzgifte und Mykotoxine können bei Menschen bereits in geringen Konzentrationen toxische Wirkungen zeigen. Dennoch wird ein Schimmelpilzbefall nur nebenher behandelt.

Dazu empfehle ich drei Blogs, Schimmel, Baupilze, Hausschädlinge, die näher auf das Thema eingehen.

Physikalische Umweltfaktoren

Zu den physikalischen Faktoren, die aus der Umwelt auf den Menschen einwirken, zählen im Wesentlichen Extremtemperaturen, Schallwellen (Lärm), optische (Licht) und elektromagnetische Wellen (nicht-ionisierende und ionisierende Strahlung).

Das elektromagnetische Spektrum. Quelle: FSM

Das elektromagnetische Spektrum. Quelle: FSM

Nicht-ionisierende Strahlung

Nicht-ionisierende Strahlung ist die optische Strahlung (IR, UV, Licht, Wärme) und die elektromagnetischen Felder (Hochfrequenzstrahlung, niederfrequente elektrische und magnetischen Wechselfelder sowie Gleichfelder).

Vor zu intensiver optischer Strahlung kann man sich persönlich oder baulich schützen. Elektromagnetische Felder sind dagegen in starker Diskussion. Ein öffentliches Schutzempfinden vor Strom und Funk hat sich in unserer Politik noch nicht durchgesetzt. Was bleibt sind private Maßnahmen, wie eine feldarme Planung von Wohnungen und Häusern sowie der Einsatz von geschirmtem Installationsmaterial, Abschirmfarben und -textilien, Netzentkoppler, usw.

Leider ist eine Zunahme von erhöhter Elektrosensibilität (EHS) zu beobachten. Diese umweltbedingte Krankheit wird nicht selten mit psychosomatischen Störungen in Verbindung gebracht (!)

Ionisierende Strahlung

Die ionisierende Strahlung stammt zum einen von natürlichen radioaktiven Stoffen in Luft, Wasser und Boden, wie zum Beispiel Radon. Zum anderen gibt es eine Vielzahl künstlicher Strahlungsquellen.

Man unterscheidet elektromagnetische Strahlung (Röntgen- und Gammastrahlung) und Teilchenstrahlung (z.B. Alpha-, Beta- und Neutronenstrahlung). Diese haben genügend Energie, aus Atomen Elektronen zu entfernen, sodass positiv geladene Ionen oder Molekülreste entstehen (Ionisation).

Der Schutz vor Radon steckt noch tief in den Kinderschuhen. Obwohl Radon die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs ist, gibt es verpflichtenden Maßnahmen nur für Arbeitsplätze (Radonschutzverordnung 2020). Dabei wären zumindest die Hinweispflicht für private Bauherren und -frauen dringend geboten.

Darüber hinaus kann nur empfohlen werden, den Umgang mit künstlichen Strahlungsquellen wird auf ein notwendiges Minimum (z.B. für medizinische Zwecke) empfohlen.

Psychosoziale Umweltfaktoren

Viele Belastungen aus der gebauten und technischen Umwelt ziehen psychische Belastungen oder soziale Auswirkungen nach sich. Die Architektur- und Wohnpsychologie als junge Studienrichtung geht diesen Belastungen nach.

Diese Forschung ist wichtig, denn in der Regel wird das Sick-Building-Syndrom (SBS) auf die physikalischen, chemischen und biogenen Einwirkungen reduziert. Der „unspezifische“ Teil, nämlich die Einwirkungen auf die Psyche, wird oft noch beiseite geschoben. Hier könnten speziell ganzheitlichen Raumlehren ein guten Beitrag leisten.

Auswirkungen von Schadstoffen auf die Umwelt und Gesundheit

Die Auswirkungen von Umweltschadstoffen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit sind vielfältig und oft tiefgreifend.

Umwelt: Sie können Ökosysteme schädigen, zu einem Rückgang der Artenvielfalt führen und die natürlichen Lebensräume verändern.

Gesundheit: Bei Menschen können sie zu Atemwegserkrankungen, Hautproblemen, Krebs und weiteren ernsten Gesundheitsproblemen führen. EHS und MCS sind besonders belastende Erkrankungen.

Umweltschutz ist auch Gesundheitsschutz. Umwelt und Gesundheit gemeinsam zu denken, ist noch nicht durchgehend angekommen. Das ist aber wichtig, wenn sich etwas verändern soll. Erst wenn der Mensch direkt betroffen ist, ist er zu Veränderungen bereit.

Reduzierung der Belastung durch Umweltschadstoffe

Es gibt viele Möglichkeiten für uns, um die Belastung durch Umweltschadstoffe zu verringern:

Lebensmittel: Bevorzugter Kauf von Bioqualität.
Kleidung und Einrichtung: Kauf und Verwendung von natürlichen oder naturnahen Materialien.
EMF-Felder: Bevorzugter Einsatz kabelgebundener Systeme und Vermeidung von Funk.
Verpackung: Reduzierung von Verpackungsmaterial, egal aus welchem Material.
Abfall: Verbesserung von Mülltrennung und Recycling. Und auf die Wege des Mülls achten!
Energie: Nutzung von erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz im Haushalt.
Verkehr: Nutzung emissionsarmer Verkehrsmittel, bevorzugt Öffis.

Bitte erweitern sie die Liste nach eigenem Ermessen! Durch Maßnahmen im eigenen Wirkungsbereich können wir bis zu 80% der umweltbedingten Belastungen, die auf uns einwirken, verbessern oder uns durch abschirmende Maßnahmen oder richtiges Verhalten schützen. Die verbleibenden 20% können wir gesellschaftlich verbessern, wenn wir die Notwendigkeit erkannt haben.

Zu guter Letzt

Umfassendes Wissen um wirksame Veränderungen und notwendige Maßnahmen ist vorhanden, viele Aktionspläne und Strategien liegen bereits ausgearbeitet vor. Für Bereiche wie Klima- und Biodiversitätsschutz hat sich Österreich auch international zur Umsetzung verpflichtet. Hier müssen seitens der Politik endlich mutige und verbindliche Schritte gesetzt werden, um vereinbarte Ziele zu erreichen. „Business as usual“ ist keine Option mehr, wenn wir Verantwortung übernehmen und auch zukünftigen Generationen ein gutes, gesundes Leben ermöglichen wollen. Gesundheit ist unser höchstes Gut und steht jedem zu. Es darf nicht zu Gunsten kurzsichtiger und opportunistischer Entscheidungen beiseite gewischt werden.

Über den Autor:

Mag. Wolfgang Strasser ist Lebensraumberater und -coach, Unternehmens- und Kommunalberater. Mit RAUMIMPULSE berät er Menschen bei der Gestaltung ihrer Lebensräume.

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