Giftstoffe im Material

Veröffentlicht am Kategorisiert in Baubiologie, Blogbeiträge

Deklarationen wären gefragt

In unseren Innenräumen zu Hause und am Arbeitsplatz begegnen wir mittlerweile Unmengen an chemischen Substanzen. Sie entstammen Baumaterialien, Werkstoffen, Möbeln, Geräten, Textilien, Teppichen, Farben, Lacken, Klebern, Pflegemitteln und vielen mehr. Vielen von ihnen gelangen durch Berührung, Einatmen oder Verschlucken in unseren Körper und führen zu Vergiftungen. Natürlich kommt es auf die jeweilige Dosis an, aber sensible Menschen, Kinder oder Kranke können schon auf geringe Mengen reagieren.

„In den letzten Jahrzehnten sind Substanzen auf den Markt gekommen, die von Umweltmedizinern als sehr bedenklich angesehen werden.“ Dr. Betram, Europeam

Die Industrie ist erfinderisch. Es gibt in unserer Umwelt über 100.000 chemische Einzelstoffe in welchen sich etwa 4.200 Chemikalien befinden. Dem stehen aber nur etwa 400 Grenzwerte entgegen, und die meist nur für Arbeitsplätze. Zu vielen Stoffen existieren keine toxikologischen Daten. Opfer dieser Entwicklung ist nicht nur der Mensch, sondern die gesamte Erde. Etwa 80% werden deponiert, der Rest verbrannt oder wiederverwertet.

Problematische Chemikalien

Bei einigen Stoffen sind gesundheitliche Gefahren erwiesen, bei den meisten weiß man jedoch noch nichts hinsichtlich Langzeitrisiken und Wechselwirkungen. Chemikalien, die sich in der Umwelt und der Nahrungskette anreichern und schädliche Wirkungen haben, sind dabei besonders problematisch. Auch jene, die aus den Materialien ausgasen und sich über die Raumluft verbreiten.

Versuchskaninchen Mensch

„Die dauerhafte Belastung von Schadstoffen und Schadstoffgemischen im Niedrigdosisbereich wird für vermehrtes Auftreten von Allergien mitverantwortlich gemacht.“ Dr. M. Mirau, Umweltanalytik Maes

Allergien, Asthma, Atemwegsbeschwerden, Lungen- und Bronchialleiden, chronische Schleim­hautreizung und Infektionen, Haut- und Augenkrankheiten, usw. nehmen seit Jahren immer mehr zu. Es geht hier um Krankheiten von Organen, die in direktem Kontakt mit der uns umgebenden Luft stehen.

Immer wieder wird das Versuchskaninchen Mensch strapaziert, und erst nach massivem Auftreten gesundheitlicher Beschwerden werden Produkte überprüft und in seltenen Fällen und dann erst nach Jahren vom Markt genommen. Wirtschaftswachstum scheint mehr zu bedeuten als Volksgesundheit.

Luft drinnen oft schlechter als Außen

Fast jeder denkt an schlechte Außenluft durch Industrie und Autoabgase. Überraschenderweise findet man aber in der Innenluft, in unseren umbauten Lebensräumen, meist kritischere Mengen an giftigen Lösemitteln, Bioziden, Kohlendioxid, Staubteilchen oder anderen Belastungen.

Bei einem Zuviel gerät das Immunsystem aus dem Gleichgewicht. Manchmal entstehen die ersten Beschwerden erst nach fünf oder noch mehr Jahren ständigen Kontaktes mit den Pestiziden, ähnlich wie bei einigen elektromagnetischen, radioaktiven und anderen Risikofaktoren auch.

Was sind die häufigsten Gifte?

Formaldehyd

Formaldehyd und andere giftige Gase wie Ozon, Chlor, Stadt-, Industrie- und Erdgas, Verbrennungs­gase wie Kohlenmonoxid und Stickstoffdioxid u.a. durch Spanplatten, Holzwerkstoffe, Farben, Lacke, Kleber, usw.

Formaldehyd ist eines der häufigsten Gifte in der Innenraumluft. Es ist Bestandteil der Leime in vielen Holzwerkstoffen, wie Spanplatten. Sie gasen aus, jahrzehntelang. Die Entwicklung formaldehydarmer Platten wird vorangetrieben. Oder es wird formaldehyd- gegen isocyanathaltigen Kunstharzleim getauscht.

Lösemittel

und leichtflüchtige Schadstoffe, wie Aliphaten, Alkane, Alkohole, Amine, Aromaten, Ester, Ether, Glykole, Isocyanate, Ketone und Terpene u.a. durch Farben, Lacke, Kleber, Kunststoffe, Baumaterialien, Spanholz, Beschichtungen, Pflegemittel, usw.

Lösemittel unterschiedlichster Art und Zusammensetzung schädigen das Nervensystem, einige haben krebserregende und fruchtschädigende Wirkungen, andere greifen Leber, Nieren und Blut an oder führen zu Allergien, Früh- und Fehlgeburten sowie Sterilität. Vermeiden Sie Lösemittel, wo Sie nur können.

Biozide

und andere schwerflüchtige Schadstoffe, wie Pestizide, Insektizide, Fungizide, Holzschutz, Flammschutz, Weichmacher, PCB und PAK u.a. durch Holz-, Leder-, Teppichschutz, Kleber, Kunststoffe, PVC, Kinderspielzeug, Dichtungen, Insektensprays, usw.

Beispiel Holzschutzmittel mit Pentachlorphenol (PCP): In den 60er und 70er Jahren wurde PCP in riesigen Mengen hergestellt und eingesetzt, das zudem oft mit hochtoxischen Dioxinen verschmutzt und mit Lindan und Dichlofluanid versetzt war. Erst 1989 kam es zum Verbot, 2008 EU-weit.

Idealerweise sollte die Landwirtschaft mit der Produktion nachwachsender Rohstoffe ein zweites Standbein neben der Produktion von Lebensmitteln haben. Notwendigerweise sollten diese geprüfte Bioprodukte sein. Das wird aber erst passieren, wenn eine Volldeklaration gesetzlich vorgeschrieben wird.

Schwermetalle

und andere anorganische Schadstoffe, wie Metalle und deren Salze, wie Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Cobalt, Kupfer, Nickel, Quecksilber, Thallium, Zink, Zinn u.a. durch Holzschutzmittel, Baustoffe, Glasuren, Wasserleitungen, PVC, usw.

Es gibt über 50 verschiedene Schwermetalle. Kritische Konzentrationen findet man in Wohnhäusern nur noch als Altlast vergangener Zeiten, wie Bleirohre oder billige Wasserarmaturen. Dafür hat die Belastung durch Leichtmetalle, wie Aluminium, deutlich zugenommen.

Partikel und Fasern

Asbest- und alte Mineralfasern sowie manche neue Mineralfaser, Partikel u.a. durch Baustoffe, Dämmstoffe, Isolierungen, Heizungen, Klimaanlagen, Einrichtungen, Geräte, Staub, Ruß, usw.

Alle können zu Erkrankungen der Atemwege führen, Asbest- und alte Mineralfasern sind nachgewiesenermaßen krebserzeugend.

Was kann getan werden?

Wann muss saniert werden?

Es lohnt nicht, krank zu werden, nur wegen der bröselnden Asbestdämmplatte hinter dem Heizkörper und der unnötigerweise mit PCP gestrichenen Nut- und Federbrett-Holzdecke. Raus damit!

Bei solchen und anderen nicht nur gesundheits- sondern auch lebensgefährlichen Stoffen muss beim geringsten Verdacht und bei niedrigsten Messwerten konsequent und fachkompetent saniert werden. Im Haus tragen wir die Verantwortung und haben Chancen zur Korrektur. Vertrauen Sie Ihrem Geruchssinn und wenn etwas stört, beseitigen Sie es.

Was konkret tun?

Frische Luft ist lebenswichtig. Regelmäßiges Lüften mindert die Belastung, beseitigt aber nicht die Ursache. Auch der richtige Staubsauger mit einem HEPA-Filter Nr. 13 oder besser Nr. 14 mindert die Belastung. „Normale“ Staubsauger verteilen das Problem in der ganzen Wohnung, da sie die giftigen Mikropartikel nicht festhalten können.

Messtechnik

Bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedarf es einer Untersuchung der Raumluft. Damit kann festgestellt werden, welche Chemikalien vorhanden sind. Im zweiten Schritt wird untersucht, welche Materialien und Werkstoffe für die Wohngifte und Schadstoffe verantwortlich sind. Erst im dritten Schritt erfolgt eine ursächliche Sanierung.

Gibt es unbedenkliche Stoffe?

Schadstoffgeprüft heißt nicht schadstofffrei. Der Hinweis ‚lösemittelfrei‘ oder die Umweltzeichen sind kein Garant für Unbedenklichkeit. Eine wirkliche baubiologische Aussage machen nur Baubiologische Gütezeichen, wie natureplus. Diese sind aber freiwillig und daher noch zuwenig verbreitet. Was es bräuchte, ist eine gesetzlich verpflichtete Volldeklaration auf den Verpackungen.

Belastend bei all diesen Schadstoffen ist die chronische Exposition, d.h. das permanente Ausgesetztsein, wobei auch langandauernde Belastungen durch niedrige Dosierungen von Ärzten und Toxikologen mittlerweile als sehr kritisch angesehen werden.

Über den Autor:

Mag. Wolfgang Strasser ist Lebensraumberater und -coach, Unternehmens- und Kommunalberater. Mit RAUMIMPULSE berät er Menschen bei der Gestaltung ihrer Lebensräume.

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