Die Frage des Fremden im Haus
Gastfreundschaft ist die Kunst,
seine Besucher zum Bleiben zu veranlassen,
ohne Sie am Aufbruch zu hindern.
Verfasser unbekannt
Wer regelmäßig Besuch hat, weiß, wie herausfordernd es sein kann, ein guter Gastgeber zu sein. Vor allem, wenn die Gäste über Nacht bleiben oder gar für mehrere Tage. Aber auch wie erfüllend die Gastgeberrolle sein kann und Zeit mit interessanten Menschen bereichert. Damit das gelingen kann, habe ich einige Gestaltungstipps. Zuvor ist es hilfreich, einen Blick auf die Begriffe Gastlichkeit und Räumlichkeit werfen.
Gastlichkeit
Bevor ich Gestaltungstipps für Wohnung und Haus gebe, sollten wir uns das Thema Gastlichkeit genauer anschauen.
Gastfreundschaft
Wenn wir von Gästen im Haus sprechen, müssen wir auch von Gastfreundschaft sprechen. Darunter versteht man die vorübergehende Aufnahme, Bewirtung und / oder Beherbergung von Bekannten, Freunden und Verwandten, aber auch von Fremden. Sie sollte ehrlich, herzlich, großzügig und zumeist wechselseitig erfolgen. Und Gäste wie Gastgeber.innen sollen sich wohlfühlen.
Hospitalität
Hospitalität (Wirtbarkeit) entspricht einem Besuchsrecht, das besagt, dass ein jeder Mensch das Recht habe, anderswo nicht feindlich behandelt zu werden. Der aufnehmenden Person wird aber auch das Recht zugestanden, den Besuch abzuweisen, wenn dies ohne dessen Schaden geschehen kann. Ein generelles Recht, überall als Gast aufgenommen zu werden, gibt es allerdings nicht.
Archetypen
Archetypisch ist die Hospitalität eine Erinnerung an vor-sesshafte Zeiten, als die Oberfläche der Erde noch kein oder gemeinschaftlicher Besitz aller war. Und „ursprünglich“ niemand mehr Recht als ein anderer hatte, an einem bestimmten Ort der Erde zu sein. Aber auch an nomadische Zeiten, wo Gastfreundschaft eine Frage des Überlebens war.
Rückzugsort
Einige Menschen brauchen die eigenen vier Wände als Rückzugsort oder meiden einfach nur anstrengende Gäste. Für sie ist Besuch (vor allem spontaner) eine Belastung. Insbesondere bei einem schweren Beruf sind die sozialen Energien erschöpft und man braucht Ruhe und Zeit alleine. Das sollte man auf jeden Fall respektieren!
My home is my castle
Ist ihre Wohnung ihr Reich, die niemand unangekündigt betreten soll, dann machen sie es wie ein Targaryen und setzen einen Drachen auf das Dach: Wer sich nähert, wird seinen Zorn spüren! Haben sie gerade keinen Drachen zur Hand, können sie auch einfach nur eine klare Grenze ziehen. Besuch muss nicht bei ihnen stattfinden, es gibt wundervolle Alternativen.
Keine Ausreden
Finden sie heraus, warum sie keinen Besuch mögen. Es ist nämlich schon wichtig, ob spezielle Menschen eine Belastung sind oder ob sie generell ihren Rückzugsort brauchen. Daraus entstehen ja weitere Folgen. Und schauen sie sich ihren Grundriss an. Vielleicht gibt es im Südosten der Wohnung einen Fehlbereich oder andere Unstimmigkeiten, die gelöst gehören.
Räumlichkeit
Besuchstypen
Besucher und Gäste haben eine ähnliche Bedeutung und sind Teil der sozialen Beziehungen unseres Privatlebens. Wir benutzen beide Begriffe, um Leute zu beschreiben, die uns in unserem Zuhause besuchen. In manchen Wohnungen gibt es auch einen Praxisraum, in dem Kunden und Klienten empfangen werden. Diese Personengruppe ist nochmals eine andere Geschichte.
Raumtypen
Räume lassen sich unterscheiden in öffentliche Räume, wie berufliche (Praxisraum, Homeoffice) und gastliche (Küche, Essbereich, Gästezimmer, Kellerstüberl), in die auch Nichtbewohner aufgenommen werden und private Räume, wie familiäre (Wohnzimmer, Wirtschaftsraum, Werkraum) und intime (Schlafzimmer, Kinderzimmer), die den Bewohnern vorbehalten sind.
Berufliche Räume
In manchen Haushalten finden wir einen Praxisraum mit Kunden- und Klientenbesuch. Diese sind idealerweise nahe des Eingangs situiert, damit die Menschen nicht unsere Wohnräume queren müssen. Das ist für beide unangenehm. Im Homeoffice haben wir gewöhnlich keinen Kundenbesuch. Aber es macht wenig Unterschied, woher in einer Wohnung die Business-Energie kommt.
Gastliche Räume
Gastlich nenne ich jene Räume, in welchen wir Besuch und Gäste empfangen. Das sind zwar keine geschäftlichen Räume mehr, aber auch noch nicht wirklich privat. Besuch und Gäste zu empfangen ist Teil unserer öffentlichen Seite. In aktuellen Grundrissen ist der Wohnbereich ein Teil von Küche und Essbereich und damit nicht mehr privat und knuddelig. Dazu braucht es eine Tür.
Gestaltungstipps
Gäste am Tisch
Der Gast erhält immer den besten Platz, so verlangt es die Gastfreundschaft. Aber wo ist der beste Platz am Tisch? Jener mit einer Wand als Rückenschutz, mit Blick zu Fenster und Tür und mit einer Übersicht über den Raum. Wir sprechen hier ein Sicherheitsbedürfnis an, das epigenetisch veranlagt ist und uns unbewusst steuert.
Das Gästebett
Die Anforderung an ein Gästebett sind die gleichen wie an alle Schlafplätze: Möbel ohne Eisenteile, keine Strom- oder Funkfelder im Raum während des Schlafes, natürliche Materialien und Textilien zur Vermeidung statischer Felder, keine Möbel vor dem Fenster, Positionierung mit dem Kopfteil an einer Wand mit Blick zu Fenster und Tür. Und eine geobiologische Prüfung des Schlafplatzes.
Möbelkombinationen
Wer oft Gäste beherbergt, braucht kein extra Zimmer, denn es gibt kreative Gästebett-Varianten, die eine Zweitnutzung haben und/oder kaum Platz wegnehmen. Eine ausziehbare Couch oder ein Schlafsofa, ein Schlafsessel oder Futon, Tagesbetten, im Schrank versteckte Klappbetten, Auszieh- und Stapelbetten oder auch maßgefertige Einbaubetten sind Beispiele dafür.
Raumkombinationen
Homeoffice wird für viele Menschen immer relevanter. Das wirft die Frage auf, wie und vor allem wo der Arbeitsplatz ins eigene Zuhause einziehen kann. Eine häufige Lösung: mit einer ausziehbaren Couch das Arbeitszimmer zu einem Gästezimmer machen. Auch das ehemalige Kinderzimmer bietet meist gute Möglichkeiten, wenn es nicht für andere Zwecke, z.B. ein Homeoffice, gebraucht wird.
Ein Gästezimmer
Ein eigenes Gästezimmer gibt es meist nur in größeren Wohnungen. Bevor es an das Einrichten geht, sollte geklärt werden: Bekomme ich regelmäßig Besuch, der für längere Zeit bleibt? Dann sollte der Raum viel Komfort bieten. Oder kündigen sich Familie und Freunde eher für eine Nacht an? Dann kann der Raum auch nur aus der obligatorischen Schlafgelegenheit bestehen.
Formen, Farben und Material
Damit sich Ihr Gast wohlfühlt, empfehle ich natürliche Formen und helle Farbtöne mit kräftigen Farbakzenten. Damit erhält das Gästezimmer einen entspannten und gleichzeitig belebenden Gesamteindruck. Und natürliche Materialien und Textilien verwenden, damit das Raumklima gut ist und statische Felder vermieden werden.
Das Gästebad
Das Badezimmer ist einer der Intimräume im Haus. Eine eigene Nasszelle im Gästezimmer wäre vorteilhaft, selten aber machbar. Daher ist es besonders wichtig, das eigene Badezimmer auf den Gästebesuch vorzubereiten. Das wichtigste vorweg: Ordnung, Sauberkeit und Platz für die Toilettartikel der Gäste.
Vor- und Nachbereitung
Ordnung und Sauberkeit
Wenn sich Besuch ankündigt, heißt es meist: Gas geben! Da geht sich ein Frühjahrsputz nicht aus. Nur ausgewählte Bereiche aufräumen, Oberflächen freiräumen, Geräte abstauben, Bad und WC putzen, optisch Ordnung schaffen, Küche leerräumen, Deko justieren, helles Tageslicht und guter Raumduft. Das war´s. Ich weiß, das kann immer noch viel Arbeit sein.
Raumklärung
Mindestens so wichtig, wie physische Ordnung und Sauberkeit ist jene auf energetischer Ebene. Mancher Besuch spürt ihr Leben in den Räumen, besonders wenn dicke Luft herrscht. Räuchern hilft, um aktuellen Energien zu harmonisieren. Eine zweite Räuchermischung speziell für die gastliche Situation wäre natürlich toll. Am besten am Vorabend, damit der Besuch nichts merkt.
Eine nette Begrüßung
Wir schätzen die Schokolade am Kopfpolster im Hotel. In den eigenen vier Wänden ist es eine nette Geste, die meist überrascht. Bei der Bereitung eines Gästebettes sollten jedenfalls frische Blumen, frische Bettbezüge, ein Bonbon darauf und eine Flasche Wasser mit Glas am Nachttisch nicht fehlen. Am Fußende frische Hand- und Badetücher.
Die Gästenachricht
Manchen Menschen ist es unangenehm, nach etwas fragen zu müssen. Also bereiten Sie doch einen Zettel mit wichtigen Infos vor: WLAN-Passwort, TV-Anleitung, Handynummern der Gastgeber, Karte oder Reiseführer der Stadt, Fahrpläne der Öffis, nächstgelegener Supermarkt, nette Restaurants. Mit diesen Informationen ausgestattet, ist der Gast unabhängig. Und Sie können verschnaufen.
Hilfreiche Utensilien
Bereiten sie das Bad für ihre Gäste vor: frische Hand- und Badetücher, Platz für die Kulturtasche, sichtbar platzierter Fön, genügend Toilettenpapier in Griffweite, eine kleine Kiste mit Duschgel, Shampoo, Ersatzzahnbürsten, Zahnpasta, Haargummi, alles in Travelsize, falls der Gast etwas vergessen hat.
Besuchssymbolik
Die Aufnahme von Gästen hat auch psychologische und spirituelle Aspekte, von denen ich einige nennen will.
Fassade und Außenwelt
Gäste sind Personen, welche von außen in unser Leben treten, um uns nach einer Weile wieder zu verlassen. Wir haben es hier also mit dem Aspekt „Außenwelt“ zu tun. Wie wir damit umgehen ist auch ein Blick auf unsere Außenbeziehungen. Ob wir authentisch bleiben oder alles auf „heile Welt“ trimmen. Ober wir uns freuen oder Streß entwickeln. Es hat immer etwas mit uns selber zu tun.
Lage des Raumes
Egal ob provisorischer Schlafplatz oder eigenes Gästezimmer: prüfen sie, wo der Platz für Gäste im Wohnungsgrundriss platziert ist. Die Interpretation der archetypischen Bereiche unseres Lebensraumes lässt auch Rückschlüsse auf uns zu. Wie wir mit dem Thema soziale Kontakte und Beziehungen in der aktuellen Lebensphase umgehen, bewusst oder umbewusst.
Vorhalten von Platz
Wer durch ein selten genutztes Möbel oder gar Gästezimmers permanent Platz für die Außenwelt reserviert, räumt der Umwelt, auch deren Meinung, einen großen Stellenwert ein. Das kann eine Kompensation sein. Jedenfalls ist es ein Hinweis, sich das Thema mal genauer anzuschauen. Unser räumliches Verhalten verweist auch immer auf unser emotionales oder seelisches Leben.
Eigene Bedürfnisse
Ein Gästezimmer, wenn ohnehin nicht viele Gäste kommen? Gönnen Sie sich den Platz für die eigenen Bedürfnisse und Wünsche. Für gelegentliche Gäste kann man relativ leicht eine Bettstatt improvisieren. Dies kann sogar sehr gemütlich sein und ist besser als sich räumlich einzuschränken. Die große Lebenschance besteht darin, selbst Kontrolle über das eigene Leben zu übernehmen.
Zu guter Letzt:
„Wenn die Gäst’ wüssten, wie z’wider sie einem oft sind,
es ließ sich gar kein Mensch mehr einladen auf der Welt. „
Johann Nepomuk Nestroy
Über den Autor:
Mag. Wolfgang Strasser ist Lebensraumberater und -coach, Unternehmens- und Kommunalberater. Mit RAUMIMPULSE berät er Menschen bei der Gestaltung ihrer Lebensräume.
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